Kraut und Rüben und Furikake

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Das figulante «Bauernschänke»-Trio Nenad Mlinarevic, Patrick Schindler und Valentin Diem hat vor kurzem die historische «Taverna Catalana» übernommen. Die führte seit 1982 der omnipräsente José Ledesma. Jetzt gibts keine Pata-Negra-Schweinsmedaillons mehr und keine Parillada. Dafür tolles Gemüse in der Hauptrolle, in der «Neuen Taverne». Der Fleischtempel von damals ist eine Vegetarier- und Veganer-Hochburg von heute. Reservieren ist ratsam.

Der Spitzenkoch Nenad Mlinaveric, smarter Schweizer mit serbischen Wurzeln, trägt sein kulinarisches Credo sozusagen auf der Haut: Sein rechter Arm ist mit Gemüse tätowiert. Er war 2016 «Koch des Jahres» im feudalen Park Hotel Vitznau, in seinem sechsten Jahr dort stieg der Schüler von Andreas Caminada und Heinz Winkler-Schüler wieder aus.
Er stamme aus einfachen Verhältnissen, verriet er vor einiger Zeit der «Schweizer Familie», aber seine Mutter bekochte die Familie dreimal am Tag ganz wunderbar. Mit Sarma zum Beispiel, serbischen Krautwickeln – vergleichbar mit der Leibspeise im Bündnerland, den Pizokel. Dass er dann Koch lernte verdankt er seinem Vater, der war Chauffeur beim Zürcher Dolderbähnli und vermittelte Nenad während der Sekundarschule eine Schnupperlehre im Dolder Grand Hotel. Er schloss dort die Lehre im Jahre 2000 ab, mit Bravour.

Japanische Lektionen
An diesem Montagmittag war er in der offenen Küche der «Neuen Taverne» kollegial am Chrampfe. Keine Starallüren! Ich hätte ihn eher in seinem kulinarischen Kabinett vermutet, wo er tüftelt und neue Rezepte erfindet, oder in der «Bauernschänke» oder auf dem Bürkliplatz-Markt, wo er gern verkehrt wie weiland die in die Jahre gekommenen Zürcher Koch-Doyens Peter Brunner (ehemals «Kaiser’s Reblaube») oder René Zimmermann («Wirtschaft Neumarkt»). Aber er laborierte in der offenen Küche seiner «Neuen Taverne» gerade mit Blumenkohl, und zur Roggen-Bowle und Crispy Tofu stand das Onsenei auf der Karte (Fr. 21.–). Es ist in Zürich derzeit ausserordentlich angesagt. Onsen bedeutet heisse Quelle, ein Onsenei wird bei 64,5 Grad gegart. Eins gehört auch auf den Risotto aus 20 Getreidesorten und Topinambur (Fr. 31.–), bereits ein Nenad-Klassiker.
Mir mundeten, nach dem Sauerteigbrot mit gemüsiger Tunke (das schweizerische Wort wäre Sauce) die Flower Sprouts mit Crème fraîche und Peterli (Fr. 21.–). Man lernt nie aus: Flower Sprouts sind eine knackige Kreuzung von Rosen- und Federkohl, offiziell heissen sie Kalettes. Der Nüsslisalat, angereichert mit Rapsöl, Eigelb und Sbrinz (Fr. 18.–) sah nicht nur gut aus, er schmeckte auch gut. Rettich wird angemacht mit dem Fischsud-Dashi, den man als Instantprodukt auch hierzulande schon geraume Zeit nicht mehr nur in Asia-Shops findet, und mit Sihso aus der Lippenblütler-Familie Perilla (Fr. 12.–). – Man kann die Gerichte gern auch teilen. Kohlrabi und Kapuziner werden mit Furikake angemacht (Fr. 22.–), einer Gewürzmischung aus geriebenem Fisch, weissem Sesam, Seetang und Mononatriumglutamat, dem Kaviar des Feldes (Samen der Kochia Scopavia) mit Blini und Schnittlauch (Fr. 25.–). Nenad Mlinarevics Küchenchef ist Livio Felber, seine Gastgeberin Madeleine Löhner, die ihm aus Vitznau gefolgt ist.

Verführerische Getränkekarte
Ein Kapitel für sich sind die Getränke, Spirituosen und hausgemachte Kambuchas. Trinken ist, wie überall in Zürich, teurer als essen. Den Cidre de Fer aus Fribourg gibts leider nicht offen (eine Flasche kostet Fr. 45.–). Auch die Goldtröpfen Piesporte (Fr. 79.–) aus der Mosel und dito das Neumagener Rosengärtchen (Fr. 102.–) nicht, anderes aber schon. Hochkarätige Weiss- und Rotweine kommen aus der Schweiz, aus Italien, Frankreich, Österreich, Slowenien, Australien – aber nicht aus Japan. Sake gibts nur in einem Cocktail (Fr. 15.50).

Esther Scheidegger

«Neue Taverne», Glockengasse 8, 8001 Zürich,
Tel. 044 221 12 62, www.neuetaverne.ch,
hunger@neuetaverne.ch, Montag bis Freitag 11.30 bis 14.30 und 18 bis 24, Samstag 18 bis 24 Uhr.