Abschied von der Peterhofstatt

Bild zum Artikel

Die Buchhandlung Beer kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Nach bald 200 Jahren an der St. Peterhofstatt 10, zügelt sie im kommenden Januar an die Napfgasse 3, bei der Conditorei Schober. Als Partnerbuchhandlung der «Buchhandlung am Goetheanum» in Dornach wird sie mit einem Spezialsortiment rund um die Schwerpunkte Anthroposophie, Lebensfragen und Kinderbücher aufwarten. Eröffnung ist am 20. Januar 2021.
Zur Zeit des liberalen Aufbruchs, im Juli 1832, gründet Friedrich Schulthess zusammen mit Salomon Höhr an der St. Peterhofstatt die heutige Buchhandlung Beer als «Schulthess’sche Buchhandlung und Buchdruckerei». Höhr und Schulthess trennen sich indes bereits Ende 1835 wieder. Schulthess zieht an den Zwingliplatz, wo Verlag und Buchhandlung bis heute ihren Sitz haben. Höhr betreibt die Handlung an der St. Peterhofstatt fortan auf eigene Rechnung und Namen. Die Eröffnung der Universität im nahen «Augustinerhof» (1833) inspiriert ihn schon bald zur Gründung eines eigenen Verlags. Im Laufe der Zeit erscheinen bedeutende Werke wie das «Zürcher Taschenbuch» (1882-1920) das «Mittelhochdeutsche Lesebuch», lateinische Schulbücher, Bücher zur klassischen Philologie, Geschichte, Theologie und Pädagogik, heute vor allem anthroposophische Schriften. 1880/81 erfolgt ein umfassender Umbau der Liegenschaft zum Grünenberg. Wenige Jahre nach seinem Vater Salomon stirbt 1891 der umtriebige Christian Höhr (Gründer des Freien Gymnasiums Zürich). Sein Geschäftspartner und Schwager Hermann Faesi-Hirzel führt Buchhandlung und Verlag weiter und nimmt 1893 den Buchhändler Robert Beer als aktiven Teilhaber ins Geschäft auf. Als sich Faesi 1909 zurückzieht, wird Robert Beer Alleininhaber. Schon bald wirkt Sohn Hans im elterlichen Geschäft mit und übernimmt es 1939 nach dem Tod des Vaters. 1946 ereilt ihn ein früher Tod und Hans Beer jun. muss sofort in die Bresche springen. 1948 baut der Unternehmensfreudige den Laden um und führt die Geschäfte bis zu seinem unerwarteten Ableben 1965. Nach eher schwierigen Übergangsjahren wird der Betrieb 1972 in eine AG umgewandelt und Bert Trachsler setzt mit seinem Team neue Akzente mit den beliebten «Hausabenden» und einem Faksimile-Handel, der ihnen Interessenten aus ganz Europa beschert. Das Erbe der Beers – Bücher für Schüler- und Lehrerschaft – bilden, zusammen mit der «Schönen Literatur», weiterhin ein attraktives Standbein. Trachslers plötzlicher Tod in den frühen Achtzigern erfordert wieder einen Wechsel: Paul Hauser übernimmt von 1984 bis 2000. Mit einem geglückten Umbau 2001 führt die Familie Wolf-Müller mit Volker Dieter Wolf den Betrieb ins neue Jahrtausend und ergänzt das Sortiment 2007 mit dem Spezialgebiet Anthroposophie, das von der heutigen Eignerin Ursula Piffaretti (ab 2011) und ihrem Buchhandlungsteam ergänzt wird. Bücher zu aktuellen Themen, Kinderbücher sowie ein fein austariertes Angebot an Belletristik bleiben weiterhin bestehen. Das Geschäft bleibt noch bis 30. Dezember geöffnet.
Wer das Ladenlokal im neuen Jahr übernehmen wird ist noch unbekannt – man wünschte sich, dass es wiederum eine Buchhandlung sei!

Ursula Schiess