«Sorgfältige Umsetzung»

Am 10. Januar 2018 beschloss der Gemeinderat eine neue Vermietungsverordnung (Altstadt Kurier, Januar 2018). Der Stadtrat hat diese auf den 1. Januar 2019 in Kraft gesetzt und dazu ein Mietreglement erlassen (siehe unten). In der Altstadt ist nahezu jede vierte Wohnung in einer städtischen Liegenschaft. Was bedeuten die neuen Vorschriften und wie werden sie umgesetzt? Der Altstadt Kurier hat sich mit Astrid Heymann, der Direktorin von Liegenschaften Stadt Zürich, zum Gespräch getroffen.

Die neue Vermietungsverordnung und das neue Mietreglement betreffen die von der Stadt zur Kostenmiete vermieteten, also selbsttragenden Wohnungen. Im Wesentlichen werden einerseits die Belegungsvorschriften, nach denen die Mindestpersonenzahl pro Wohnung der Zimmerzahl minus eins entsprechen muss, festgeschrieben. Andererseits geht es um die wirtschaftlichen Verhältnisse, das steuerbare Haushaltseinkommen, das bei Mietbeginn nicht grösser sein soll als das Vierfache der Wohnungsmiete, im Lauf der Mietdauer das Sechsfache nicht überschreiten darf. (Einzelheiten dazu stehen unten, Anm. Red.)
Worin liegen betreffend der wirtschaftlichen Verhältnisse die Änderungen gegenüber früher?


Astrid Heymann: Schon bei früher abgeschlossenen Mietverträgen musste die Miete in einem «angemessenen Verhältnis» stehen zum Einkommen. Seit rund fünf Jahren wird darauf geachtet, dass das Haushaltseinkommen bei Mietantritt nicht höher liegt als das Vierfache der Miete, hingegen wurde die Einkommensentwicklung nach Mietantritt nicht kontrolliert. Neu darf das steuerbare Haushaltseinkommen während der Mietdauer auf das Sechsfache steigen, wobei das Vermögen auch eine Rolle spielt. Die Einhaltung dieses Verhältnisses wird alle zwei Jahre überprüft.

Gerade bei Doppelverdienern wird das Sechsfache der Miete unter Umständen rasch erreicht.
Dazu ist zu sagen, dass bei 15 Prozent der Mietverhältnisse das angerechnete Haushaltseinkommen höher liegen darf als das verlangte Verhältnis.

Bei wie vielen Fällen dürfte das heute in der Altstadt der Fall sein?
Bei einer Ende 2016 durchgeführten Erhebung lag diese Quote gesamtstädtisch bei 17,9 Prozent. Herunter gerechnet auf den Kreis 1 (für die Altstadt liegen keine entsprechende Zahlen vor) mit rund 820 Wohnungen wären das dann also rein theoretisch etwa 24 Haushaltseinkommen, die über der erlaubten Quote von 15 Prozent liegen. Wie es sich effektiv verhält, wissen wir aber heute nicht, da sich diese Haushalte nicht gleichmässig über alle Stadtkreise verteilen.

Werden Sie bei den Haushaltseinkommen auch die mutmassliche Entwicklung des Einkommens berücksichtigen, etwa der anstehende Vermögensverzehr nach der Pensionierung?
Also hier müssen wir uns schon an die Vorgaben halten, da haben wir keinen Spielraum. Wobei gesagt werden muss: Wird die Quote von 15 Prozent überschritten und müssen Kündigungen ausgesprochen werden, wären die höchsten Haushaltseinkommen zuerst betroffen. Und es gilt eine Untergrenze von 70 000 Franken, ab der das Verhältnis eins zu sechs angewendet wird, wobei der Betrag das steuerbare Einkommen gemäss Steuerrechnung ist, der ja einiges unter dem effektiven Jahreseinkommen liegt.

Nun treten die neuen Bestimmungen ja nicht bei allen Mietverhältnissen sofort in Kraft.
Bei ab dem 1. Januar 2019 abgeschlossenen Verträgen schon, bei älteren Mietverhältnissen gilt eine Übergangsfrist von fünf Jahren. Das heisst, dass wir erst nach dem 1. Januar 2024 Genaues sagen können, ob die Quote eingehalten wird.

Wie schätzen Sie die Entwicklung der Quote bis dahin ein?
Wir sind zuversichtlich, dass diese Zahl durch den Wohnungsbau mit Neuvermietungen, bei denen wir die Einhaltung der Bedingungen genau prüfen und durch die natürliche Fluktuation noch sinken wird.

Gleichzeitig gilt es Belegungsvorschriften einzuhalten, dass also die Personenzahl im Haushalt mindestens der Zimmerzahl minus eins entsprechen muss. Welche Auswirkungen erwarten Sie diesbezüglich?
Bei einer Erhebung waren per Ende 2016 von 8383 überprüfbaren Wohnungen 1407 oder 16,8 Prozent, also etwa ein Sechstel, unterbelegt. – Diese Vorschrift werden wir kontrollieren müssen. Wobei es auch hier Ausnahmen gibt. So wird Personen über 80 in der Regel ein Umzug nicht mehr zugemutet, auch wenn die Belegung oder die wirtschaftlichen Verhältnisse das erfordern würden.

Wenn die Kinder ausziehen und die Mindestbelegung unterschritten wird, wie soll man sich verhalten?
Sobald sich eine Unterbelegung abzeichnet, kann man bei der Liegi ein Tauschformular verlangen. Während der Übergangsfrist ist es vermutlich einfacher, eine Ersatzwohnung zu finden als in fünf Jahren. Wird die Wohnung dagegen zu klein und will man sich vergrössern, muss die Liegi in der Regel nicht Hand bieten für einen Wechsel. Dazu bräuchte es eine Mindestmietdauer, belastende Umstände: es gibt da keinen Automatismus.

Wie steht es denn um das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bei den Ersatzwohnungen? Werden schätzungsweise ähnlich viele grössere wie kleinere Wohnungen gefragt sein?
Dazu könnte man nur mutmassen. Wir wissen nicht, wie das in fünf Jahren in der Altstadt sein wird. Was wir dagegen sagen können ist, dass über das gesamte Stadtgebiet betrachtet die städtischen Wohnungen eher über- als unterbelegt sind. Dass also gleich viele Personen in der Wohnung leben wie sie Zimmer hat oder sogar noch mehr, aus finanziellen Gründen.

Erfüllt also jemand die Bedingungen nicht mehr: Wie funktioniert das mit den Ersatzwohnungen?
Die jeweilige Mieterschaft erhält nach Möglichkeit zwei Angebote für eine zumutbare Ersatzwohnung. Dabei sucht man sicher zuerst im Quartier, also in der Altstadt. Lässt sich da nichts finden, gilt das ganze Stadtgebiet als zumutbar für eine Ersatzwohnung.

Wenn man Jahrzehnte im Quartier gelebt hat, hier verwurzelt ist, sich hier engagiert, soziale Kontakte pflegt, kann das doch recht einschneidend sein, wegziehen zu müssen aus dem vertrauten Umfeld, aus dem «Dorf».
Wie gesagt wird man zuerst im Quartier suchen, gerade bei Familien mit Kindern. Und bei älteren oder kranken Menschen oder nach dem Todesfall des Partners oder der Partnerin oder Wegzug eines Elternteils gelten besondere Bestimmungen, die im Mietreglement festgehalten sind. Auch hat man ein Jahr Kündigungsfrist, sollte es zu einer Kündigung kommen.
Das neue Mietreglement schafft Transparenz, wie der Zugang zu den Wohnungen ist und bietet Schutz, kennt Ausnahmebestimmungen.

Wie dürfte sich das Quartier verändern, die Bevölkerungsstruktur, durch die neuen Bestimmungen?
Es ist mir wichtig, hier zu sagen: Der Gemeinderat hat die Vermietungsverordnung erlassen, wir wiederum arbeiten daran, das sorgfältig umzusetzen. Grundsätzlich sind wir gemäss Gemeindeordnung dazu verpflichtet, die soziale Durchmischung in allen Quartieren zu erhalten und Familienwohnungen anzubieten. – Wie sehr sich die Bevölkerungsstruktur verändern wird? Im Kreis 1 sind 22 Prozent der Wohnungen in städtischen Liegenschaften. Das ist ein grosser Prozentsatz, aber es gibt schon auch noch andere Vermieter.

Wie ist das weitere Vorgehen?
Im Laufe des Jahres wird den Mieterinnen und Mietern die entsprechende Mietvertragsänderung angezeigt. Und per 1. Januar 2024 werden die neuen Bestimmungen dann greifen. Wie gesagt: Wir sind bemüht, auf transparente Art umzusetzen, was Gemeinderat und Stadtrat erlassen haben.

Interview: Elmar Melliger


Vermietungsverordnung und Mietreglement
Vor vier Jahren hat der Stadtrat die Weisung erlassen, eine neue Vermietungsverordnung für nicht subventionierte Wohnungen in Kostenmiete auszuarbeiten – von denen es in der Stadt ca. 7100, im Kreis 1 ca. 820 gibt.
Diese Vermietungsverordnung und ein Mietreglement wurden per 1. Januar 2019 in Kraft gesetzt. Nach wie vor soll die Stadt für eine gute soziale Durchmischung sorgen. Belegungsvorschriften verlangen, dass die Bewohnerzahl die Zahl der Zimmer minus eins nicht unterschreiten darf. Das Verhältnis des Bruttomietzinses zum steuerbaren Haushaltseinkommen darf bei Beginn eins zu vier, im Lauf des Mietverhältnisses eins zu sechs nicht übersteigen. Bei Einkommen unter 70 000 Franken gilt Letzteres nicht. Das 200 000 Franken übersteigende Vermögen wird zu zehn Prozent dem steuerbaren Einkommen zugerechnet. Werden die Bedingungen nicht eingehalten, welche mindestens alle zwei Jahre kontrolliert werden, so bietet die Stadt (bis zu einem Haushaltseinkommen von 230 000 Franken) nach Möglichkeit zwei zumutbare Ersatzwohnungen an. Lehnt man diese ab, erfolgt die Kündigung. (Bei 15 Prozent der Mietverhältnisse müssen die wirtschaftlichen Vorgaben nicht eingehalten werden.) – Das Mietreglement hält alle Einzelheiten fest.
Unter diesem Link ist die Vermietungsverordnung sowie das Mietreglement zu finden, ebenso Fragen und Antworten zum neuen Mietreglement.

EM